Wo geht’s zum Ochsenweg?

Über die Teilstrecke: Flensburg – Schleswig

Es ist jeden Sommer das Gleiche – verstopfte Straßen und überlaufene Strände zeigen ganz eindeutig, dass auch der dünn besiedelte Norden Deutschlands nicht vor den einströmenden Touristenhorden gefeit ist. Und so mancher Eingeborene ärgert sich, wenn er mal wieder im Stau steht, weil er den all wöchentlichen Bettenwechsel vergessen hat. Aber was soll man tun? Der Norden ist eben einfach schön!

Schade nur, dass er von allzu vielen Besuchern auf seine traumhaften Sandstrände und Sommerhäuser reduziert wird. Denn auch, wenn man es vielleicht nicht vermuten sollte – es gibt in dieser Region tatsächlich mehr als Strand und Meer!

Hörner, überall Hörner

Im Grunde fängt es schon beim Stau an – denn so manche Straße unter den Reifen entpuppt sich als wahre Besonderheit, wenn man nur genau hinschaut. Viele der Reisenden mögen sich vielleicht fragen, warum sie schon wieder auf eine Skulptur zweier sich kreuzender Ochsenhörner starren, während sie darauf warten, in den nächsten Kreisverkehr fahren zu dürfen. Ist man im Norden etwa so einfallslos, dass man nur eine Dekoration für die Mitte seiner Kreisverkehre erfunden hat? Oder hat man sich möglicherweise verfahren und war schon einmal hier? Im günstigsten Fall für den Reisenden kann man sagen – nein! Schließlich haben diese Hörner eine sehr tiefgründige Bedeutung, weisen sie doch auf eine historische Route hin, die im Norden allerorts bekannt ist.

Unauffällig und doch so präsent

Abgesehen von den besagten Ochsenhörnern, sind die kleinen, in regelmäßigen Abständen vorkommenden Krüge (kleine Gaststätten) entlang des Weges ein sicheres Zeichen dafür, dass man sich auf einem Teilabschnitt des historischen Ochsenweges befindet. Diese liegen meist einen Tagesmarsch voneinander entfernt und sind größtenteils bis heute in Betrieb. Nicht selten finden sich die Spuren der Geschichte aber auch an unscheinbaren Orten. Hierzu gehören beispielsweise Munkwolstrup und Dannewerk, von denen man – geben wir es zu – noch nie etwas gehört hat, wenn man nicht ohnehin schon aus der Gegend stammt. Dass diese Orte so unbekannt sind, ist allerdings besonders schade. Immerhin gibt es im Arnkielpark in Munkwolstrup das größte rekonstruierte Großsteingrab und in Dannewerk das größte archäologische Denkmal Nordeuropas zu sehen.

In dem kleinen, liebevoll gestalteten Museum und dem angegliederten Archäologischen Park in Dannewerk lässt sich die deutsch-dänische Geschichte der Region anhand des ehemals 30 Km langen Danewalls ergründen, der einst zum Schutz vor Einfällen aus dem Süden erbaut worden ist. Darüber hinaus erhält man in einer eigens dazu konzipierten Ausstellung tiefe Einblicke in die Geschichte und Kultur der dänischen Minderheit, die bis heute in Norddeutschland ansässig ist und das kulturelle Erscheinungsbild der Region maßgeblich prägt. Dies wird besonders in den Sommermonaten allerorts sichtbar, wenn einem die vielen jungen Abiturienten mit ihren Studentenmützen entgegenkommen und so manches norddeutsche Stadtbild in weiß-roter Farbe erstrahlen lassen.

Auf den Spuren der Wikinger

Da es von den Dänen zu den Wikingern bekannter Maßen keiner großen Sprünge bedarf, ist es kaum verwunderlich, dass man früher oder später auch auf ihre Spuren stößt, wenn es einen vom norddeutschen Strand auch einmal auf die dortigen Straßen verschlägt.

Unweit der idyllischen Kreisstadt Schleswig, am Ende der Schlei, gibt es sie nämlich noch – die Wikinger – oder zumindest das, was von ihnen übrig geblieben ist. Denn an dieser Stelle lag einmal Haithabu, eine der bedeutendsten dänischen Wikingersiedlungen, die durch ihre unmittelbare Nähe zum Ochsenweg über Handelsruten nach Skandinavien über den Nordseeraum und Westeuropa bis ins Baltikum verfügte. Im gleichnamigen Wikinger Museum in Busdorf bei Schleswig wird die Wikingerkultur auf eine atemberaubende Weise präsentiert, die nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen unendlich viel Spaß bereitet.

Das umliegende Freigelände des Museums lädt zusätzlich zu Entdeckungstouren ein, die einen entlang des ehemaligen Schutzwalls der Siedlung bis hin zu sieben freistehenden, restaurierten Wikingerhäusern führen. Mit etwas Glück kann man hier sogar dem ein oder anderen Wikinger über den Weg laufen oder ihm bei seiner Arbeit über die Schulter blicken. Besonders der alljährliche, traditionelle Frühjahrsmarkt aber auch die vielen Workshops und Veranstaltungen bei den Wikingerhäusern, erlauben einen einmaligen Einblick in die Wikingerkultur und ihre Handwerkstechniken. Ihren Höhepunkt findet die moderne Wikingerkultur der Gegend übrigens in den Schleswiger Wikingertagen, die ebenfalls einmal im Jahr stattfinden und allemal einen Besuch wert sind.

An der schönen Schlei

Und auch so ist Schleswig ein beliebtes und durchaus lohnenswertes Reiseziel am historischen Ochsenweg. Durch ihre unmittelbare Lage an der Schlei umgibt diese Stadt ein ganz besonderer Charme, dem das bezaubernde Schloss Gottorf sein I-Tüpfelchen aufsetzt. Sowohl das archäologische Landesmuseum, als auch das Landesmuseum für Kunst und Kultur haben ihren Sitz in dieser märchenhaften Kulisse. Unter den vielen Ausstellungsstücken gibt es hier vor allem sagenhaft erhaltene Moorleichen zu sehen. Darunter auch das berühmte , aber irrtümlich bezeichnete Mädchen von Windeby, das aufgrund moderner Forschungsergebnisse tatsächlich ein Junge ist.

Etwas außerhalb der Stadt, bei den kleinen Orten Lürschau und Schuby, stößt man letztendlich auf einige der wenigen noch übrig gebliebenen Teilstücke, an denen der Ochsenweg noch in unbefestigter Form vorzufinden ist. Sie sind begehbar und laden ein zu einem Ausflug in die Vergangenheit dieses bedeutenden Weges.

Wenn auch der Ochsenweg in den letzten Jahren eine größere Aufmerksamkeit zuteil geworden ist, sind sich die meisten der Besucher der Region, aber auch viele der Einheimischen meist nicht darüber im Klaren, auf welch ereignisreichem und geschichtsträchtigem Boden sie sich befinden. Der Großteil aller, die sich auf der Strecke bewegen, fährt schnell von A nach B. Dabei lohnt es sich, einfach einmal Ausschau nach den Ochsenhörnern zu halten und an der ein oder anderen Stelle einen Zwischenhalt einzulegen um zu ergründen, was die unmittelbare Umgebung spannendes zu berichten hat.

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