»Es ist ein wahrer Schatz«, sagt Rubens D’Oriano von der archäologischen Abteilung Sardiniens, als er über den einen Fund vor der sardischen Küste spricht. Die Rede ist von dem Wrack eines römischen Schiffes, das vor über 2000 Jahren sank und für lange Zeit unangetastet am Meeresboden ruhte. Der Fund ist – ganz ohne Zweifel – ein ebenso erfreuliches wie nicht alltägliches Ereignis. Umso verständlicher also die große Freude und der Wunsch, diese zu teilen.
Wie gut ist es aber, dass alle Welt nun um den »außerordentlichen Erhaltungsgrad der Ladung« eines Schiffes weiß, dessen genaue Position zwar zurückgehalten wird, aber sicherlich nicht unauffindbar ist?
»Wenn jemand fragt, haben wir leider noch nichts gefunden!«
Zu Beginn meiner ersten Ausgrabung unweit Roms waren dies die ersten Worte, die unsere damalige Grabungsleiterin mit ernstem Blick an uns richtete: Es herrschte kein Zweifel darüber, dass sie wusste, wovon sie sprach, und dass sie auf Erlebnisse zurückblickte, die sich niemand in der Archäologie wünscht. Ich denke oft daran zurück – besonders, wenn ich Schlagzeilen lese, die auf »spektakuläre Funde« laufender Grabungen abzielen. Natürlich sind solcherlei Informationen interessant und ich teile sie selbst nur zu gerne mit meinen Freunden und Lesern.
Füge ich der Archäologie dadurch aber vielleicht mehr Schaden als Nutzen zu?
Diese Frage stelle ich mir immer wieder und ich kann nicht leugnen, dass mir im Fall des römischen Schiffes mulmig ist, wenn ich zu lange daran denke. Was geschieht, wenn die Archäologen abziehen? Inwiefern können die verantwortlichen Behörden tatsächlich gewährleisten, dass einem Unterwasserfund nichts Schlimmes widerfährt? Insbesondere, da selbst in der UNESCO-Konvention zum Schutz von Unterwasserfunden dazu angehalten wird, diese wenn möglich »in situ«, also vor Ort zu belassen.
Einst schützten die Tiefen der Meere unser dort liegendes kulturelles Erbe vor Zugriffen des Menschen. Heute tasten Sonarwellen und andere technische Spielereien den Meeresboden ab und bringen Dinge zum Vorschein, die längst in Vergessenheit geraten sind. Aus wissenschaftlicher Sicht ein unschätzbarer Zugewinn, aus der Sicht eines Schatzsuchers eine regelrechte Verlockung, die zu einer ernstzunehmenden Bedrohung werden kann und dies auch viel zu oft tut.
Die Romantisierung einer Straftat
Was ist auch schon dabei? Wir alle träumen bereits als Kinder von der Suche nach einem Schatz. Später schüren fiktive Figuren wie Indiana Jones und Tomb Raider unsere Fantasie und viele Menschen scheinen zu glauben, dass es in der Archäologie tatsächlich um das Abenteuer geht, das uns die Filmindustrie so schillernd vor Augen führt.
Tatsächlich verstecken sich aber hinter der so harmlos erscheinenden Schatzsuche die illegale Plünderung archäologischer Stätten und ein Multimilliarden-Dollargeschäft auf dem Schwarzmarkt, das neben wohlhabenden Sammlern vor allem einige der gefährlichsten kriminellen Gruppen der Welt anzieht und mitfinanziert.
So nützlich die modernen Medien auch sind, stellt sich also die Frage, wie schädlich sie sein können, wenn Archäologen es mit der Aktualität ihrer Nachrichten zu genau nehmen.
Was meint ihr?
Führen Schlagzeilen wie jene über das römische Schiffswrack zu mehr Aufmerksamkeit und einem Bewusstsein über das Vorhandensein von Kulturgut in den Meeren, das letztlich zu mehr Schutz führen wird, oder sind sie eine Gefahr, deren Ausmaß schlichtweg nicht kalkulierbar ist?