Die empfohlene Reisezeit für Edinburgh liegt zwischen Mai und September. Warum eigentlich? Ich habe mich im Januar dorthin begeben und komme zu dem Schluss: Edinburgh geht immer, vor allem zu Jahresbeginn!
Von Sonne und Sturm über Regen zu Schnee
Zugegeben: Vielleicht ist der Nordmensch in mir Schuld an diesem Urteil. Möglicherweise aber auch nicht. Fakt ist zumindest: in Schottland ist das Wetter nie beständig und die Touristen finden vornehmlich im Frühling und Hochsommer hierher. Sind diese Besucher erst einmal eingetroffen, gehen sie auch so schnell nicht wieder weg – und besonders die schottische Hauptstadt zeigt sich dann von ihrer weniger schönen, hektischen Seite. Warum also nicht einem gänzlich untouristischen Monat die Chance geben? Alles, was man dazu braucht, ist regenfeste Kleidung sowie ein Plan A und ein Plan B für die Jackentasche. Hat man dies, kann eigentlich kaum noch etwas schief gehen.
Was Edinburgh auszeichnet
Ein ungeheurer Vorteil liegt in der Kompaktheit der Stadt, denn bis auf wenige Ausnahmen wie bspw. den Zoologischen Garten oder die königliche Yacht Britannia, befindet sich der Hauptteil der Sehenswürdigkeiten im unmittelbaren Umkreis des Hauptbahnhofs, der sogenannten Waverley Station. Von hieraus erstreckt sich nördlich die »New Town«, in der sich besonders gut shoppen und ausgehen lässt. Im Äquivalent dazu, befindet sich südlich der Waverley Station die »Old Town«, mit ihrer weltberühmten Royal Mile, dem Edinburgh Castle und den vielen dunklen Gassen, »Closes« genannt. Nicht zu vergessen ist allerdings auch das Studentenviertel, welches im Süden unmittelbar an die Old Town angrenzt und ebenfalls die ein oder andere interessante Ausstellung parat hält.
Wohin bei Regen, Sturm und Schnee?
Wer vier Tage in Edinburgh verbringt, hat gute Chancen auf die volle Wetterpalette. Manchmal sogar an ein und demselben Tag, denn das Wetter ist in dieser Region überaus wechselhaft. Da es so unendlich viel zu entdecken gibt, machen die Regengüsse und Sturmböen allerdings nicht wirklich etwas. Man muss eben nur im wettertackt pendeln, und das geht meist erstaunlich gut.
Kurzzeitige Aufenthalte lassen sich natürlich in den vielen Geschäften realisieren. Ob Whisky, Souvenirs oder Kleidung: Sowohl die New Town als auch die Old Town haben diesbezüglich viel zu bieten. Sieht es nach einer etwas längeren Wetterlage aus, so ist ein Zwischenstopp bei der Patisserie Valerie zu jeder Tageszeit zu empfehlen, denn hier gibt es alles, was das Herz begehrt und das zu durchaus erschwinglichen Preisen. Besonders zu empfehlen ist der Afternoon Tea für 2 Personen. Dieser kostet derzeit £ 25 und umfasst Sandwiches, Scones, Kuchen und Tee nach Belieben.
Kleine Museen für zwischendurch (Eintritt frei)
Ganz gleich bei welchem Wetter: die kleinen Museen entlang der Royal Mile sind ebenso sehenswert wie ihre großen Kollegen. Sie zeichnen sich besonders durch die Liebe zum Detail aus und halten so manche Überraschung parat, mit der man beim Betreten nicht unmittelbar rechnen würde. So gibt es beispielsweise im Museum of Edinburgh einen etwa 15-minütigen Film über die Stadtgeschichte, der viele Details zum Vorschein bringt, die einem sonst vielleicht nicht einmal auffallen würden. Besonders die Altstadt sieht man nach einem Besuch in diesem Museum mit vollkommen anderen Augen. Dasselbe gilt für das nahegelegene The People’s Story Museum.
Etwas bizarr hingegen ist das Museum of Childhood, denn hier kommt zusammen, was die Kindheit geprägt hat – heute wie damals und in einer durchaus gehörigen Masse. Besonders das Puppenkabinett wirkt etwas Angst einflößend mit den vielen starren Blicken, die sich aus den eng gedrängten Vitrinen auf den Besucher richten. Uninteressant ist es hier jedoch keineswegs.
Wer wagt, gewinnt!
Für die mutigen, perfekt wetterfest gekleideten und unerschrockenen Stadtbesucher gibt es in Edinburgh eine ganze Reihe Outdooraktivitäten, die sich lohnen, solange der Wind von hinten kommt und der Regen noch nicht von unten.
Ein besonders schöner Blick über die Stadt ergibt sich vom Calton Hill, nicht weit von der Waverley Station entfernt. Höher gelegen und von weither sichtbar ist auch der Arthur’s Seat, den man allerdings nur besteigen sollte, wenn es nicht zu windig ist. Der Aufstieg ist auch bei gutem Wetter nicht ohne, aber er lohnt sich auch oder erst recht außerhalb der eigentlichen Touristensaison.
Darüber hinaus gibt es mehrere wundervolle Parks und Friedhöfe, von denen der Greyfriars Kirkyard seit dem 19. Jahrhundert der Geheimtipp schlechthin ist – nicht nur wegen dem Grab des treuen Hundes Bobby (mehr dazu hier), sondern auch wegen einem unvergleichlichen Blick auf das Edinburgh Castle.
Groß, überdacht und kostenfrei
Neben den vielen keinen Museen der Stadt zählen auch die großen Institutionen zu jenen mit freiem Eintritt. Dies sind die National Galleries und das National Museum of Scotland. Zudem gibt es an jedem letzten Samstag des Monats Zutritt zum Anatomie Museum der Universität und auch die National Library stellt immer wieder in kleinem Rahmen aus.
Nicht zu vergessen ist ebenfalls die Tartan Weaving Mill direkt neben dem Edinburgh Castle. Das riesige Geschäft bietet zusätzlich zu seinen Verkaufsräumen Einblick in die Weberei und die Tartan-/Quilt-Geschichte. Mit etwas Glück sind die riesigen Webstühle sogar in Betrieb. Ein Erlebnis, das man nicht alle Tage hat.
Last, but not least: kostspielige Angelegenheiten
Doch es wäre nicht Schottland, wenn nicht irgendwo der kostspielige Hammer hängen würde. Und so lässt sich trotz all der kostenfreien Angebote dennoch viel Geld ausgeben, wenn man denn will und es auch hat. Zu den teuren aber überaus beliebten Sehenswürdigkeiten gehören allen voran das Edinburgh Castle und der Palace of Holyroodhouse, die zusammen den Anfang und das Ende der Royal Mile markieren. Sie könnten kaum unterschiedlicher sein, ist das Castle doch kolossal und mächtig, der Palace hingegen filigran und pompös. Einmal muss man dort einfach hinein. Da hilft alles nichts.
Und wer es lieber etwas moderner und interaktiver mag, der ist ebenfalls auf der Royal Mile gut aufgehoben, denn hier gibt es am oberen (Castle) Ende das Camera Obscura und The Scotch Whisky Experience.
Fazit
Wer Edinburgh im Januar besucht, wird mindestens einmal Nass und hat gute Chancen wenigstens einen Regenschirm zu verlieren. Aber gilt dies nicht eigentlich immer? Ich war zu allen Jahreszeiten dort und könnte nicht behaupten, dass das Wetter im Sommer sonderlich anders wäre – lediglich etwas wärmer.
Das sollte allerdings keineswegs der Grund dafür sein, diese Stadt nicht zu Jahresbeginn zu besuchen. Denn niemals sonst kommt man so unbeschwert und ohne Gedränge in die vielen Sehenswürdigkeiten und ebenfalls niemals sonst hat man die Stadt so sehr für sich, wie zu dieser Zeit.